Tesla muss 329 Millionen US‑Dollar Schadensersatz zahlen

Jens Scharfenberg
Jens Scharfenberg · 3 Minuten Lesezeit

In einem wegweisenden Urteil wurde Tesla von einem Geschworenengericht in Florida zur Zahlung von insgesamt 329 Millionen US‑Dollar Schadensersatz verurteilt. Der Fall betrifft einen Unfall im Jahr 2019, bei dem ein Tesla Model S bei aktiviertem Autopilot ein Stoppschild überfuhr und eine geparkte SUV rammte. Dabei kam eine 22-jährige Frau ums Leben, ihr Partner wurde schwer verletzt. Die Jury machte Tesla zu 33 Prozent für den Unfall verantwortlich und sprach den Hinterbliebenen sowohl einen erheblichen Schadensersatz als auch eine Strafzahlung zu. Es handelt sich dabei um das erste Urteil dieser Größenordnung vor einem Bundesgericht, das Tesla direkt für einen tödlichen Autopilot-Unfall haftbar macht.

Hintergrund und Urteilsbegründung

Tesla betont, dass der Autopilot lediglich ein Fahrerassistenzsystem sei, das ständige Aufmerksamkeit erfordert. Es handelt sich explizit um keine autonome Fahrfunktion. Doch laut Aussage der Kläger wurde diese Trennung in der Praxis bewusst verwischt. Die Unfallfahrt ereignete sich im April 2019 in Key Largo, Florida. Der Fahrer des Model S, George McGee, war abgelenkt, als das Fahrzeug trotz aktiviertem Autopilot ungebremst ein Stoppschild überfuhr und eine geparkte SUV rammte. Die darin sitzende 22-jährige Riley Nealy starb noch am Unfallort, ihr Partner wurde lebensgefährlich verletzt.

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Tesla Model S

Kern der Anklage war der Vorwurf, dass Tesla nicht ausreichend Maßnahmen getroffen habe, um die Verwendung des Autopiloten auf ungeeigneten Straßen zu verhindern. Und das obwohl das System nachweislich für den Einsatz auf Autobahnen konzipiert wurde. Der Anwalt der Kläger, Brett Schreiber, warf Tesla vor, es sei eine bewusste unternehmerische Entscheidung gewesen, diese Einschränkungen technisch nicht umzusetzen. Damit habe man aus wirtschaftlichem Kalkül in Kauf genommen, dass Nutzer das System falsch anwenden könnten.

Das Gericht folgte dieser Argumentation teilweise und kam zu dem Schluss, dass Tesla 33 Prozent der Verantwortung trägt. Insgesamt wurde eine Schadensersatzzahlung von 129 Millionen US-Dollar festgesetzt, wovon Tesla gemäß seiner Schuldquote rund 42,6 Millionen Dollar zahlen muss. Zusätzlich wurde ein Strafschadenersatz von 200 Millionen US-Dollar verhängt, der unabhängig vom Verschuldensanteil fällig ist. Darin kann man eine klare Botschaft der Jury erkennen, die Tesla „rücksichtslose Missachtung menschlichen Lebens“ vorwarf.

Bedeutung für Technik, Nutzer und Recht

Das Urteil markiert einen Wendepunkt im Umgang mit teilautomatisierten Fahrfunktionen. Erstmals wird Tesla direkt zur Verantwortung gezogen, obwohl das Unternehmen stets betonte, dass die Fahrenden selbst verantwortlich bleiben. Fachleute sehen in dem Urteil ein Signal, dass Gerichte künftig verstärkt auf die tatsächliche Nutzung und Vermarktung solcher Systeme achten werden. Das gilt besonders, wenn deren Kommunikation beim Verbraucher zu falschen Sicherheitsannahmen führt. Auch wirtschaftlich hat das Urteil Auswirkungen.

Die Tesla-Aktie reagierte leicht negativ, nicht zuletzt, weil der Fall ein Muster für weitere Klagen sein könnte. Das Unternehmen kündigte bereits an, Berufung einzulegen. Es warnt davor, dass solche Urteile die Weiterentwicklung von Sicherheitstechnologien behindern und die Einführung innovativer Assistenzsysteme ausbremsen könnten. Dennoch stellt sich die Frage, wie Hersteller künftig ihre Systeme gestalten und kommunizieren müssen. Das Urteil wird zweifellos in künftige Produktentwicklungen und Regulierungsansätze einfließen.

Fazit

Die Entscheidung der Jury ist ein deutliches Signal an Hersteller halbautonomer Fahrzeuge: Wer Systeme anbietet, die über ihre tatsächlichen Fähigkeiten hinaus genutzt werden können, trägt Mitverantwortung für die Folgen. Tesla wurde zu einer Zahlung von insgesamt 329 Millionen US-Dollar verurteilt, wovon rund 242,6 Millionen Dollar effektiv vom Unternehmen zu tragen sind. Tesla kündigte Berufung an – doch das Urteil könnte bereits jetzt als Präzedenzfall in die Geschichte des autonomen Fahrens eingehen.